Die Verfolgung der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus – Forschung, Rezeption und Erinnerung

Referat über die NS-Opfergruppe vor dem Beirat der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas1

Berlin, 19. Juli 2001

Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufrichtigen Dank für das Vorrecht, zu Ihnen über die Verfolgung der Zeugen Jehovas unter dem Nationalsozialismus zu sprechen.2

Jehovas Zeugen (Bibelforscher) werden bereits im Entschädigungsrecht zu den sogenannten „Gruppenverfolgten“ des NS-Regimes gezählt.3

In den letzten fünf Jahren haben Zeugen Jehovas und einige couragierte, vorurteilsfreie Wissenschaftler unter Mitwirkung der Opfer viel für die Aufarbeitung getan, wodurch die öffentliche Wahrnehmung der Opfergruppe und die museale Thematisierung stark verbessert worden ist. Man kann nun einige Erwartungen daran knüpfen, wie der Deutsche Bundestag durch die Stiftung des Denkmals gemäß dem Stiftungsgesetz, „die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen“, realisieren wird.

Statistischer Sachstand

Im April 1933, als die ersten Betätigungsverbote der Länder für Bibelforscher einsetzten, gab es im Deutschen Reich einen Kern von rund 25 000 aktiven Zeugen Jehovas und etwa eine halbe Million Leser ihrer Zeitschriften und anderer Wachtturm-Literatur. Die Bemerkung von Ministerialdirektor Dr. Wilhelm Crohne vom Reichsjustizministerium (dem späteren Vizepräsidenten des Volksgerichtshofes) anläßlich eines sogenannten „Chefpräsidentengespräches“ zum Thema „Schutzhaft und Bibelforscher“ am 18. Juni 1937 in Berlin, „Es wurde mir bei der Gestapo gesagt, daß die Zahl der Internationalen Bibelforscher in Deutschland 5 bis 6 Millionen betrage. Ich selbst rechne mit 1 bis 2 Millionen“, beruhte auf keiner realen Grundlage.4

Insgesamt wurden bis 1945 über 10 000 deutsche Zeugen Jehovas Opfer des Nationalsozialismus, indem sie ein wertvolles Gut verloren – die Wohnung, die Arbeitsstelle oder das Geschäft, die Rente oder Unterstützung, die Kinder von Amts wegen durch einen Fürsorgeentzug, schließlich die Freiheit durch Inhaftierung, die Gesundheit oder gar das Leben durch Hinrichtung, Mißhandlungen, die Haftumstände oder Haftfolgen.5

Den Eltern wurden insgesamt 570 Kinder in Hitlerdeutschland und in den beherrschten Nachbarländern der Fürsorge entzogen. Insgesamt sind 1 203 Kinder (davon 1 084 deutsche) als Betroffene des NS-Regimes erfaßt (Repressionen in der Schule; Sorgerechtsentzüge: 484 deutsche).

Soweit namentlich bekannt, wurden in der NS-Zeit insgesamt 8 000 deutsche Zeugen Jehovas verhaftet oder verurteilt und waren in einem Gefängnis, Zuchthaus, Arbeits- oder Konzentrationslager. In der Fachliteratur schwanken die Angaben zwischen 6 000 und 10 000 Haftopfern.

Von allen erfaßten Haftopfern kam die Hälfte, rund 4 000, in ein Konzentrationslager – rund 2 600 deutsche und 1 400 „nichtdeutsche“ Bibelforscher-Häftlinge. (Dabei wurde die subjektive Wahrnehmung der Größe dieser Opfergruppe durch die SS und ihre Mithäftlinge um ein Vielfaches dadurch verstärkt, daß viele Zeugen Jehovas als gute Arbeitskräfte zwischen den verschiedenen Lagern des öfteren hin und her „verschoben“ wurden. Detlef Garbe geht davon aus, daß in der Vorkriegszeit ungefähr 5 bis 10 % der Konzentrationslagerhäftlinge Zeugen Jehovas waren.)

Durch Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes zu Tode kamen wahrscheinlich 1 400 Zeugen Jehovas – die Zahl in der Fachliteratur (1 200 Todesopfer) wird nach oben korrigiert. Insgesamt haben wir bisher 1 367 Personen (darunter 1 018 Deutsche und Österreicher) erfaßt, die während der Haft oder kurz danach das Leben einbüßten.

Die Zahl der erfaßten Hinrichtungen liegt gegenwärtig bei 360 Zeugen Jehovas (davon 35 in einem Konzentrationslager, 129 in Brandenburg-Görden, 74 in Plötzensee und 57 in Halle/Saale, die übrigen an anderen Orten). Davon sind 318 Deutsche oder Österreicher (einschließlich Kriegsdienstverweigerer).

Zu den wegen Wehrdienstverweigerung aus religiösen Gründen hingerichteten Zeugen Jehovas gehörten der 25jährige Wilhelm Kusserow (am 27. April 1940 in Münster) und der 20jährige Wolfgang Kusserow (am 27. März 1942 in Brandenburg).

Ich habe diese beiden Namen aus einem bestimmten Grund erwähnt. Denn praktisch alle Verfolgungskategorien (außer Euthanasie-Opfer) ließen sich für ein „Programm der Erinnerung“ durch Erfahrungen der Familie Kusserow (damals Bad Lippspringe) veranschaulichen. Aus Glaubensgründen war der Vater im Zuchthaus, die Mutter, eine Tochter und ein Sohn im Konzentrationslager, zwei Töchter im Jugendgefängnis bzw. Strafgefangenenlager, zwei Söhne – wie erwähnt – wurden hingerichtet, und die drei Jüngsten wurden den Eltern entzogen und buchstäblich ohne ihr Wissen in Erziehungsheime verschleppt und dort Mißhandlungen ausgesetzt. Das Schicksal der Familie Kusserow ist durch ein Video und ein Erinnerungsbericht in Buchform gut belegt.6 Vier Familienmitglieder sind am Leben, wobei Annemarie Kusserow, die damals eine Zeitlang in Berlin lebte und in Moabit inhaftiert war, ein kleines Privatarchiv in E. mit unzähligen Briefen und Dokumenten zur Verfolgungsgeschichte der Kusserows pflegt, die zumeist noch nicht veröffentlicht sind. In der deutschen CD-ROM der Shoah Visual History Foundation wird Annemarie Kusserow kurz vorgestellt.7

Wünschenswert wäre zusätzlich eine exemplarische Darstellung der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas in Berlin, wobei in der Arbeit – das Konzept für ein Sachbuch ist vorhanden – die Richtstätten Plötzensee und Brandenburg sowie die KL Sachsenhausen und Ravensbrück mit Erinnerungsberichten und Opferlisten Berücksichtigung finden könnten.

Gründe für die Verfolgung

Die Religionsgemeinschaft trug damals auch den Namen Ernste bzw. Internationale Bibelforscher, was den Konflikt mit national eingestellten Kreisen heraufbeschwor, die die Bibel als jüdisches Buch verwarfen.

Die Gläubigen zeichnete eine urchristliche Naherwartung des verheißenen Reiches Gottes auf Erden aus und sie verstanden sich als Evangeliumsverkündiger, die eine weltweit geeinte, friedliche Bruderschaft, eine Art Übergangsgesellschaft für die „neue Welt“, bildeten, so daß sie sich konsequenterweise in allen Staaten politisch neutral verhielten, Wahlenthaltung übten und keinen Wehrdienst leisteten. Sie ‚gaben dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist‘ (nach Markus 12,17). Demgemäß waren sie gesetzestreue, friedsame Bürger, die dem Staat und seinem „Führer“ das vorenthielten, was nur Gott gehörte: ihre Anbetung, ihr Leben, der ganze Mensch. Auch wenn damals an den Ladentüren ein Schild mahnte: „Trittst du hier als Deutscher ein, soll dein Gruß ‚Heil Hitler‘ sein“, so entboten sie nur den Tagesgruß. Die Verweigerung des Hitlergrußes setzte in vielen Fällen die Ausgrenzung und Verfolgung in Gang.

Die apolitischen Zeugen Jehovas widerstanden aus christlicher Überzeugung8 dem Totalitätsanspruch des NS-Staates. Die Folge war ihre unerbittliche Verfolgung in Deutschland (und in den besetzten Ländern, auf die ich hier nicht eingehe) auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen.9

Forschung

Am Anfang stand und steht die umfassende Dissertation von Detlef Garbe, die seit 1993 als Buch, seit 1999 in der 4. Auflage, verfügbar ist.10 Vor diesem Standardwerk erschienen, wie Sie ebenfalls wissen, andere wichtige Beiträge zu den verfolgten Zeugen Jehovas meist mit regionalem Bezug bei Friedrich Zipfel (zu Berlin, 1965),11 Michael Kater (1969),12 Gerhard Hetzer (zu Augsburg, 1981),13 Elke Imberger (zu Schleswig-Holstein, 1991)14 und anderen.

Für ein „Programm der Erinnerung“ der Stiftung wäre eine gründliche, systematische Auswertung der Quellen und Erkenntnisse in Detlef Garbes Werk und der neueren Autoren, wie Hubert Roser (zu Baden und Württemberg, 1999),15 empfehlenswert. Das würde die bemerkenswerten Besonderheiten der Opfergruppe,16 ihre Bedeutung für die Geschichte und die Planungen für eine Thematisierung, zum Beispiel in Ausstellungen, konkretisieren. Diese Besonderheiten sind:

Jehovas Zeugen wurden von Anfang an (1933) und als erste Glaubensgemeinschaft verfolgt.17 Zwischen Sommer 1933 und Frühjahr 1934 waren bereits über 500 Bibelforscher in die frühen Konzentrationslager Colditz, Heuberg, Hohnstein, Osthofen, Sachsenburg und Sonnenburg verschleppt worden.

Die Gruppe zeigte in Freiheit einen hohen Grad der Geschlossenheit und Beteiligung an Widerstandsaktionen. Es gab eine konzertierte Telegramm- und Briefaktion aus dem In- und Ausland am 7. Oktober 1934 und Protestaktionen mit Flugblättern am 12. Dezember 1936 und 20. Juni 1937. Die oben erwähnte Familie Kusserow beteiligte sich an allen diesen Aktionen.

Die Unbeugsamkeit und der Bekennermut der Zeugen Jehovas verursachte im NS-Staat die sogenannte „Bibelforscherfrage“, mit der sich zeitweilig höchste Stellen in Justiz, Polizei und SS beschäftigen mußten. Das führte zu Verhaftungswellen und sogenannten „Bibelforscherprozessen“, die nicht selten Gruppen- und Massenprozesse waren. Hitler selbst reagierte wütend auf die Telegrammaktion vom 7. Oktober 1934 mit den verbürgten Worten „Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden!“ Es gab zwischen 1934 und 1939 ständig schärfere und teilweise geheime Gestapoerlasse, um die Zeugen Jehovas in Konzentrationslager zu verbringen. Hitler zeigte sich 1942 unerbittlich, als die Justiz die zahlreichen Todesurteile der Zeugen Jehovas, die den Wehrdienst verweigerten, zur Sprache brachte.

Sie waren die einzige Gruppe, die in ihrer Gesamtheit die Kriegsdienstverweigerung praktizierte. (Landesbischof Hanns Lilje, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, stellte 1947 fest: „Sie können für sich in Anspruch nehmen, die einzigen Kriegsdienstverweigerer großen Stils zu sein, die es im Dritten Reich gegeben hat, und zwar offen und um des Gewissens willen.“)18

In den Konzentrationslagern traten sie als eigenständige Kategorie auf, die von der SS exklusiv mit einem violetten Winkel gekennzeichnet wurden. Die exklusive Kennzeichnung deutet bereits an, daß die Bibelforscher in vielerlei Hinsicht eine besondere Stellung innerhalb der KZ-Lagerordnung einnahmen, und auch in den Augen vieler Mithäftlinge waren sie „die erstaunlichste Gemeinschaft […], die es im Konzentrationslager gab“ (ehem. Häftling). Sie „gewannen sich durch ihre unbedingte Haltung zu ihren Grundsätzen […] eine hohe Achtung unter den übrigen Häftlingen“ (Wulff Brebeck).

Erstaunlich ist auch: Die Zeugen Jehovas hätten durch eine Unterschrift unter die „Verpflichtungserklärung“ ihre Freiheit selbst bewirken können. Nur wenige unterschrieben. Ihre Widerständigkeit machte sie zu einem besonderen „Haßobjekt“ der SS. Im Konzentrationslager Ravensbrück zum Beispiel peinigte die SS im Winter 1939 vergeblich eine Gruppe von Zeuginnen Jehovas vier Wochen lang mit Dunkel- und Hungerarrest, weil sich die Frauen standhaft weigerten, Arbeiten für den Krieg zu verrichten.

Von allen christlichen Glaubensgemeinschaften wurden die Zeugen Jehovas unter dem NS-Regime am weitaus härtesten und unerbittlichsten verfolgt. (Hanns Lilje befand, daß „keine christliche Gemeinschaft […] sich mit der Zahl ihrer Blutzeugen auch nur von ferne messen“ könne.)19 Sie sind derart intensiv und vehement verfolgt worden, so daß in Geschichtsdarstellungen ein Vergleich mit dem jüdischen Schicksal gezogen wurde. Vielleicht wären für ein „Programm der Information“ der Stiftung Denkmal Berührungspunkte mit den jüdischen Opfern von Interesse. Zeugen Jehovas halfen und versteckten Juden. Es ist überliefert, wie sie in den Konzentrationslagern ihre Brotrationen mit Juden teilten. In der Reichsprogromnacht beschmierten Unbekannte das Haus eines Zeugen Jehovas in Dreieichenhain mehrfach mit den Worten „Ihr seid die Nächsten“.

Zu den Besonderheiten ist noch folgendes hinzuzufügen:

Die Zeugen Jehovas führten 1933 und 1934 einen bemerkenswerten, teilweise erfolgreichen Rechtskampf für die Religionsfreiheit und gegen die staatlichen Verbote ihrer Tätigkeit in diesem Land. Das führte zunächst zu Freisprüchen vor Gericht für einzelne Bibelforscher und zu großer Unsicherheit in juristischen Kreisen und zu noch größerem Unmut bei der Gestapo. Die Beschlagnahmung des als amerikanisch deklarierten Eigentums (Gebäude in Magdeburg) ihrer rechtlichen Körperschaft mußte rückgängig gemacht werde. (Das Betätigungsverbot für die Gläubigen blieb jedoch, die bittere Verfolgung war zu keiner Zeit unterbrochen.) Schließlich sprachen die Richter den Zeugen Jehovas ab, eine Religionsgesellschaft zu sein, die den Schutz der Weimarer Verfassung genoß.20

Hervorzuheben ist ferner, daß Jehovas Zeugen Opfer von zwei deutschen Diktaturen sind. In der DDR wurden sie ab 1950 als „Staatsfeinde“ gejagt und verboten (es gab Massenverhaftungen und Schauprozesse), rund 6 000 von ihnen inhaftiert.21 (Siehe Faltblatt der Gedenkstätte „Normannenstraße“.)22 Wir kennen heute die Namen von 62 Zeugen Jehovas, die dabei das Leben verloren, wobei 29 von ihnen (45 %) bereits unter Hitler inhaftiert gewesen waren.23

Detlef Garbes Forschungsergebnisse sind in den letzten Jahren bestätigt, erweitert und um neue wichtige Details bereichert worden:

Wie Gerd Weckbecker 1998 herausfand, lag bis 1938 der Anteil der Bibelforscherdelikte an allen Anklagen vor dem Sondergericht in Frankfurt am Main stets weit über 80 %.24 Gemäß Manfred Zeidler (1998) trugen Jehovas Zeugen zu einem Phänomen bei, das er als „ein besonderes Kapitel, ja ein ausgesprochenes sondergerichtliches Spezifikum“, bezeichnet, denn das Jahr 1937 weist vor den sächsischen Sondergerichten vergleichsweise den weitaus größten Teil von Strafverfahren gegen Zeugen Jehovas aus, nämlich rund 60 %.25

Arbeiten von Hans Hesse und Jürgen Harder (1997–2001) zeigen, daß in den drei Frauenkonzentrationslagern Moringen,26 Lichtenburg und in der Frühphase von Ravensbrück die Zeuginnen Jehovas als streckenweise größte Häftlingsgruppe eine herausragende Rolle spielten.27

Bekanntlich bildeten die männlichen Bibelforscher-Häftlinge nach den spektakulären Flugblattaktionen 1936/1937, zum Beispiel in Fuhlsbüttel, die größte Gruppe;28 in Wewelsburg gab es bis Kriegsende ein „Restkommando“ aus Zeugen Jehovas, die für das dortige Lager „von zentraler Bedeutung“ waren (Kirsten John-Stucke).29

Hierbei ist noch folgendes anzumerken:

Da viele Zeugen Jehovas nach der Verbüßung der Gefängnisstrafe zunächst aufgrund eines Geheimerlasses „automatisch“ in ein Konzentrationslager kamen, gehörten sie während und nach der Zeit der „Bibelforscherprozesse“ mit zu den ersten Häftlingen in den neu errichteten Lagern Sachsenhausen (1936), Buchenwald (1937), Wewelsburg-Niederhagen und Ravensbrück (1939). Sie mußten beim Aufbau einiger Lager Sklavenarbeit leisten.

Neue wissenschaftliche Arbeiten beschäftigen sich gegenwärtig mit der Behandlung der sogenannten „Bibelforscherkinder“ im nationalsozialistischen Alltag (Volkskundlerin Brigitta Hack, Mainz).

Zu den hingerichteten Wehrdienstverweigerern ist ein Sachbuch in Arbeit, in das die neuen Zahlen und Forschungsresultate einfließen werden (Marcus Herrberger/Hermine Wüllner).

Rezeption und Erinnerungsarbeit

Oberbürgermeister Seidel begrüßte in Kassel die Zeugen Jehovas, die dort im Juli 1948 ihren Landeskongreß abhielten, mit den pathetischen Worten:

„Jehovas Zeugen zum Gruß! Wenn dereinst die Geschichte das Heldentum der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus objektiv wiedergibt, wird man auch der Zeugen Jehovas gedenken müssen. Man wird in riesigen Lettern den Menschen damit ein Ehrenmal errichten, die trotz aller Verfolgungen und Grausamkeiten an ihrem Glauben und ihrer Überzeugung festhielten. Man wird der Märtyrer gedenken, die standhaft und treu ihr Herzblut Gott und der Freiheit opferten und sich nicht vom Naziterror unterjochen ließen. Den Zeugen Jehovas gilt heute mein Gruß! [...] SEIDEL, Oberbürgermeister“ (Das lebendige Kassel. Sondernummer zum theokratischen Kongreß der Zeugen Jehovas in Kassel 1948. Juli 1948).

Das Zitat unterstreicht, wie in der Nachkriegszeit die Widerständigkeit der in Konzentrationslagern und Zuchthäusern gepeinigten oder getöteten Zeugen Jehovas bei vielen Überlebenden des NS-Terrors noch eine Zeitlang lebendig blieb. Auch die Erinnerungsberichte ehemaliger Häftlinge und die Erwähnung der Bibelforscher im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher zeugen noch davon. Dann gerieten die KZ-Häftlinge mit dem „lila Winkel“ und die Hunderte hingerichteten Wehrdienstverweigerer aus religiösen Gründen aus dem Blickfeld – man zählte sie bis vor kurzem, wie Sie wissen, zu den „vergessenen Opfern“.30

Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen, daß die Opfergruppe inzwischen ihren Platz in der Widerstandshistoriographie des NS-Regimes eingenommen hat.

Die wichtige Dissertation von Detlef Garbe änderte zunächst in der Öffentlichkeit nicht viel, doch sie trug wesentlich dazu bei, in der akademischen Welt den Boden zu bereiten, die Opfergruppe aus der Vergessenheit zu reißen.

Die Wende kam, nachdem im Winter 1995 die Filmarbeiten zu der Videodokumentation Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime31 durch die Religionsgemeinschaft begannen.32 Die Planungen waren ursprünglich, wie das im Standhaft-Video zu sehen ist, durch eine Tagung zur Thematik im Herbst 1994 am United States Holocaust Memorial Museum in Washington D. C. mit initiiert worden (die englischen Themenbroschüren des USHMM zu den verschiedenen Opfergruppen behandeln auch Jehovas Zeugen).33

Die Welturaufführung der in über 20 Sprachen produzierten Videodokumentation an der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück am 6. November 1996, einschließlich der Pressekonferenz in Berlin am Vormittag, hat einiges in der Öffentlichkeit in Bewegung gebracht. Der Tagesspiegel brachte die Schlagzeile: „Ein neues Kapitel über ‚vergessene Opfer des NS-Regimes‘. Die Zeugen Jehovas dokumentieren die Verfolgung der Bibelforscher im Dritten Reich. Historiker Garbe fordert: ‚Desinteresse aufgeben‘“ (8.11.1996, S. 5). Die Überschrift in der Zeitung Die Welt (7.11.1996, S. B4), „‘Ein Lichtblick in dunkler Zeit‘. Film-Uraufführung: Die Zeugen Jehovas unter dem NS-Regime“ bezieht sich auf eine Aussage von Detlef Garbe, die er damals in Berlin machte, was die gute Unterstützung eines Außenstehenden und seine Bedeutung für die Aufarbeitung der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas hervorhebt. Das soll an dieser Stelle nochmals besonders gewürdigt werden.

Die Weltpremiere am 6. November 1996 (und die Vorführung einen Tag später in der TU Berlin, dank der Gastfreundschaft durch Professor Benz), die im Beisein von Historikern und Zeitzeugen stattfand, und die zahlreichen nachfolgenden Veranstaltungen haben dazu beigetragen, die Wahrnehmung des Verfolgungsschicksals der Zeugen Jehovas in der Öffentlichkeit zu fördern.34

In Ravensbrück wurde damals eine begleitende Ausstellung mit 50 Schautafeln zu der Thematik präsentiert (siehe Begleitheft35). Danach haben in Deutschland (später zusätzlich im Ausland)36 genau 507 ähnliche Veranstaltungen stattgefunden, oft in Kooperation mit Institutionen (wie Gedenkstätten, Volkshochschulen usw.), die bis Juni 2001 ca. 547 000 Besucher gesehen haben (ca. 700 Schulklassen, ca. 1 070 Lehrer; ca. 29 900 Studenten [Veranstaltungsorte waren in diesem Fall Universitäten]). Das hat fast immer bei den Lokalmedien Beachtung gefunden (ca. 2 940 Zeitungsartikel oder -bekanntmachungen; ca. 37 Radiobeiträge; ca. 153 Fernsehbeiträge [meist Lokalsender]). Dadurch ist eine verbesserte öffentliche Wahrnehmung der Opfergruppe eingetreten, die nachwirkt.37

Von den insgesamt 1 466 abgegebenen Materialien für den Schulunterricht der Wachtturm-Gesellschaft zum Standhaft-Video (siehe Mustermappe38) wurden auf Anfrage bisher etwa 1 180 an Lehrer, die Lehrerfortbildung, an Schulen und Universitäten sowie an 27 Bildstellen gesandt.39

Eine wesentliche Rolle spielte des weiteren die wissenschaftliche Fachtagung vom Herbst 1997, „Geistiger Widerstand aus christlicher Überzeugung – Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus“, auf der namhafte Historiker aus dem In- und Ausland referierten (Sybil Milton, Henry Friedlander u.a.). Sie fand zuerst im Kreismuseum Wewelsburg am 4. Oktober 1997 (erster Tag) – für den ersten Tag traten dort als Veranstalter die Bundeszentrale für politische Bildung und das Fritz Bauer Institut auf, die auch die Herausgabe eines Tagungsbandes40 unterstützten (Beiträge und Grußworte von Johannes Rau, Wulff Brebeck, Hanno Loewy, Ulrike Puvogel, Detlef Garbe u.a.) und am 5. Oktober 1997 (zweiter Tag) statt, worüber ein zweiter, stark erweiterter Tagungsband entstand.41 Ein ähnliches Programm folgte in der KZ-Gedenkstätte Hamburg-Neuengamme (am 7. Oktober 1997) und in Frankfurt am Main (10. und 11. Oktober 1997). Begleitend zeigte man jeweils die Geschichtsausstellung,42 wobei zum Beispiel im Bornheimer Bürgerhaus in Frankfurt am Main (vom 6. bis 19. Oktober 1997) insgesamt 14 000 Besucher kamen.

Seitdem ist eine beachtliche Zahl von Publikationen43 zur Thematik erschienen, einschließlich Erinnerungsberichte von Opfern44 und Unterrichtsmaterialien45 für Schulen, sowie mehrere Videodokumentationen (Fritz Poppenberg, Loretta Walz, Bernhard Rammerstorfer u.a.),46 die den geistigen Widerstand der Zeugen Jehovas aus christlicher Überzeugung aus der Perspektive eines Opfers oder aus der Historikerperspektive beleuchten.

Ein kürzlich in Englisch publiziertes Standardwerk zur NS-Opfergruppe (eine ergänzte englische Übersetzung des Sammelbandes von Hans Hesse von 1998, Vorwort von Michael Berenbaum) wird der Opfergruppe sicherlich weltweit Beachtung unter Fachwissenschaftlern verschaffen.47

Gegenwärtig ist die Rezeption der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas in vielen Gedenkstätten und Museen in Deutschland noch immer unbefriedigend. Wenn die SS die Häftlingsgruppe nicht durch einen „lila Winkel“ stigmatisiert hätte, dann müßte man sich heute fragen, ob sie an manchen historischen Orten überhaupt thematisiert werden würde.48 Einige Einrichtungen, wie die Gedenkstätten in Ravensbrück,49 Brandenburg und Sachsenhausen sowie in Berlin (Gedenkstätte Deutscher Widerstand) und an anderen Gedenkorten, dazu gehören vor allem Ahlem (siehe das Faltblatt „-Heil Hitler- kann ich nicht sagen“, Hannover 2000) Oberhausen und Torgau, machen dabei eine Ausnahme. In Dachau steht nun in einer Zelle des ehemaligen „Bunkers“ der KZ-Gedenkstätte eine Tafel mit Kurzinformationen über den „Kapo“ Paul Wauer, der die Arrestanten mitmenschlich behandelt hatte.50 (Die Tafel wurde kurz nach dem Aufstellen angespuckt, wie mir ein Wächter erzählte, der das entfernen ließ.) In der Ausstellung auf dem Obersalzberg ist Elfriede Löhr knapp thematisiert worden, um ein weiteres Beispiel anzuführen.51

In der Gedenkstätte und im Museum Sachsenhausen gibt es seit September 1999 eine Gedenktafel und ein Gedenkstein; für Buchenwald laufen die Planungen für einen Gedenkstein, der auf dem ehemaligen Barackenfeld gesetzt werden soll. Im Land Brandenburg waren Jehovas Zeugen die einzelne Opfergruppe, die am 27. Januar 1998 anläßlich des 3. Gedenktages zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus im Mittelpunkt des Gedenkens stand.52

Dokumentation

Von 1933 bis 1945 veröffentlichten Jehovas Zeugen in der Schweiz Tatsachenberichte über die Verfolgung in Hitlerdeutschland. Der Nobelpreisträger Thomas Mann schrieb 1938 über die „empörende Faktensammlung“, wie er das Buch Kreuzzug gegen das Christentum (1938) nannte: „Auf jeden Fall haben Sie Ihre Pflicht getan, indem Sie mit diesem Buch vor die Öffentlichkeit traten.“53 Während der Arbeit an der Videodokumentation (1996/1997), und als man Überlegungen zu einer Premiere in Deutschland anstellte (die Einladung, die Veranstaltung in Ravensbrück zu halten, kam ursprünglich von Dr. Sigrid Jacobeit), wurde klar, daß – wenn die Öffentlichkeit mit dem Thema konfrontiert werden würde – wir vermehrt Informationen zur NS-Verfolgung der Opfergruppe, vor allem mit regionalem Bezug, an Historiker, Pädagogen und die Medien liefern müßten. Man kann sagen, daß etwa ein halbes Jahr vor der Videopremiere am 6. November 1996 das „Geschichtsarchiv“ bei der Wachtturm-Gesellschaft der Zeugen Jehovas in Selters/Taunus entstanden ist.54

Gedenkarbeit bedeutet für uns vor allem Dokumentation. Noch vor fünf Jahren waren zum Beispiel nur die Namen von 35 Zeugen Jehovas bekannt, die in Brandenburg-Görden ihr Leben unter dem Fallbeil lassen mußten. (Herr Joachim Görlitz, Dokumentationsstelle Brandenburg, erwähnt die Zahl in sehr eindrucksvoller Weise in der Standhaft-Filmdokumentation.) Nachdem das „Geschichtsarchiv“ seine Arbeit aufgenommen hatte, sind viele weitere Namen von Brandenburg-Opfern aus den bislang erfaßten Unterlagen hinzugekommen. Heute wissen wir von 129 dort Hingerichteten. (Der Zeuge Jehovas Narciso Riet wurde 1944 von Brandenburg nach Gardelegen gebracht und dort offenbar erschossen.)

Die Aufarbeitung gestaltete sich von Anfang an allerdings sehr zähflüssig, da es allein in Deutschland, wie erwähnt, insgesamt über 10 000 Verfolgte des NS-Regimes gibt. Ein bereits vorhandener Bestand – vor allem Erinnerungsberichte und persönliche Dokumente (das Grundmaterial für den Verfolgungsbericht im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974), außerdem Fotos – mußte gesichtet und erfaßt werden. Im Laufe der Zeit haben wir Hunderte von Anfragen an Überlebende (oder ihre Nachkommen) gerichtet, um Fragen zu stellen und um eventuell Fotos, Dokumente und Berichte zu erhalten. Gleichzeitig wurde von uns mit Recht erwartet, zahlreiche Projekte im In- und Ausland durch Recherchen zu betreuen und zu unterstützen, was wir natürlich gern getan haben, doch was die Aufarbeitungsarbeit insgesamt verlangsamte. Inzwischen gehen einige Freiwillige in Archive und arbeiten dem „Geschichtsarchiv“ zu. (Einige betreiben Geschichtsforschung auf privater Basis.)55 Die Erfassung des Gesamtbestandes wird sicherlich noch etliche Zeit in Anspruch nehmen.

Fast zur selben Zeit, 1996, begannen wir mit der Aufarbeitung der Verfolgungsgeschichte in der Sowjetzone (SBZ) und DDR. Dabei findet gleichfalls ein Wettlauf mit der Zeit statt, da viele Zeitzeugen von uns gehen.

Schlußwort

Die überlebenden Zeugen haben nicht gewünscht, daß ihnen ‘in riesigen Lettern ein Ehrenmal errichtet wird, weil sie trotz aller Verfolgungen und Grausamkeiten an ihrem Glauben und ihrer Überzeugung festhielten’, wie der Oberbürgermeister von Kassel die Kongreßbesucher 1948 begrüßte. Viele haben über ihre Leiden geschwiegen, vor allem deswegen, weil es diesen Christen nicht in den Sinn kam, „Rache“ an ihren Peinigern nehmen zu wollen.

Heiner Lichtenberg schrieb kürzlich in der Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums (Heft 154, 2000, S. 148): „Im Gegensatz zu anderen Opfern der Nazis dürften die Zeugen Jehovas kaum auf einem zentralen Mahnmal in Berlin bestehen. Das verbietet ihnen ihre Bescheidenheit, vielleicht auch ihre Lehre. Gerade deshalb sollten Bundesregierung und Berliner Senat den Zeugen anbieten, in einer der Gedenkstätten in Berlin oder anderswo ihre Verfolgung in den Mittelpunkt zu stellen.“

Die seit kurzem verbesserte öffentliche Wahrnehmung der Opfergruppe wird den Bedarf an Informationen in der Zukunft sicherlich steigen lassen.

Konkrete Möglichkeiten einer angemessenen sachlichen Thematisierung der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas unter dem NS-Regime im Rahmen Ihres „Programms der Erinnerung“, zum Beispiel als Dauer- oder Wanderausstellung, sind vielfältig. Wir stellen Ihnen gern Materialien (Dokumente, Erinnerungsberichte, Texte), Videos, Fotos usw. für den Stiftungszweck zur Verfügung und beteiligen uns im Rahmen unserer Möglichkeiten an der Verwirklichung.

Gleichzeitig wäre es zu begrüßen, wenn durch die Arbeit der Stiftung zur weiteren wissenschaftlichen Erforschung ermuntert oder aktiv beigetragen werden würde.

Durch die Realisierung des Stiftungsgesetzes des Denkmals könnte sich eine neue Qualität der öffentlichen Erinnerung und Würdigung auch für die Opfergruppe der Zeugen Jehovas einstellen, was in sich selbst ein historischer Moment wäre.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Johannes S. Wrobel, Selters/Taunus, Deutschland*
Gründer und Leiter des Geschichtsarchivs (1996–2008)
zur Verfolgung der Zeugen Jehovas (Bibelforscher) unter den Diktaturen in Deutschland

* Nach 2008 freier Autor und Heimatforscher in Freilassing (Oberbayern) bei Salzburg (Österreich; EuRegio) mit Schwerpunkt alle NS-Opfergruppen der Region; vgl. www.lilawinkel.de, Stand 2023.

[Anmerkungen teilweise aktualisiert 2002, 2006, 2023]

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Zum Online-Manuskript mit weiteren Informationen, Copyright/Urheberrechte-Inhaber, Kopiererlaubnis und mehr:

http://www.lilawinkel.de/talks.htm#2001-berlin-stiftung



1 https://www.stiftung-denkmal.de/ (aktualisiert, Stand 2023).

2 Der Inhalt des Manuskripts wurde am 15. Juli 2001 verkürzt dargeboten. Der Text ist hier durch Informationen ergänzt worden, die den anwesenden Mitgliedern des Beirats in Form von verschiedenen Publikationen überreicht worden waren, unter anderem: Monika Minninger, Eine bekennende „Kirche“, Zur Verfolgung von Zeugen Jehovas in Ostwestfalen und Lippe 1933-1945, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek 33597 Bielefeld, Bielefeld 2001.

3 Vgl. Verhandlungen des Bundestages, Anlagen, Band 341, Bonn 1986, Drs. 10/6287, S. 11 (Bericht der Bundesregierung über Wiedergutmachung und Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht vom 31.10.1986).

4 Bundesarchiv, R 22/4277, Bl. 149-191, Protokoll der Besprechung mit den Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälten im Reichjustizministerium am 18.6.1937 (zitiert nach Garbe, Widerstand (s. Anmerk. 10), 1999, S. 296f.).

5 Am 9. April 2001 waren in Selters/Taunus insgesamt 12 189 Zeugen Jehovas namentlich als Opfer des Nationalsozialismus erfasst (deutsche und ausländische Zeugen Jehovas); 9 919 Personen stammen aus Deutschland (ohne Österreich und dem Elsaß, doch einschließlich der 169 Zeugen aus dem Freistaat Danzig), wobei 4 231 Frauen und 5 545 Männer verzeichnet sind (bei 143 Namen ist das Geschlecht unbekannt). [Die Verfolgungsstatistik wurde inzwischen aktualisiert, siehe Online-Artikel, Jehovah’s Witnesses in National Socialist Concentration Camps, 1933–1945, http://dx.doi.org/10.1080/09637490600624691.]

6 Martin Smith, Lila Winkel (Video in Englisch mit deutschen Untertiteln, 25 Min.), A Starlock Pictures Production for TVS, Großbritannien 1991 (kostenfrei zu beziehen über Jehovas Zeugen, 65617 Selters). Hans-Werner Kusserow, Der lila Winkel. Die Familie Kusserow – Zeugen Jehovas unter der Nazidiktatur. Bonn 1998 [ISBN 3-89144-251-3].

7 Erinnern für Gegenwart und Zukunft – Überlebende des Holocaust berichten. Survivors of the Shoah Visual History GmbH & Steven Spielberg, CD-ROM (Cornelsen Software), Berlin 2001.

8 Zum Begriff „Widerstand aus christlicher Überzeugung“, vgl. Wolfgang Benz, Widerstand aus christlicher Überzeugung. in: Informationen zur politischen Bildung, Heft 243: Deutscher Widerstand 1933–1945, 2. Quartal 1994, S. 20f.

9 Zur Religionsgemeinschaft allgemein, siehe https://www.jehovaszeugen.de/. Vgl. Robert Schmidt, Zeugen Jehovas, in: Metzler Lexikon Religion, Gegenwart – Alltag – Medien, 3, Stuttgart - Weimar 2000, S. 708-711. Gerhard Besier u.a., Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft: Eine „vormoderne“ religiöse Gemeinschaft in der „modernen“ Gesellschaft? Gutachterliche Stellungnahme, in: Gerhard Besier und Erwin K. Scheuch (Hg.), Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid, Teil II., Zürich und Osnabrück 1999, S. 95ff.

10 Detlef Garbe, Zwischen Widerstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im „Dritten Reich“. Institut für Zeitgeschichte (Hg.), München 19931, 19942, 19973, 19994 [ISBN 3-486-55992-3].

11 Friedrich Zipfel, Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945. Religionsverfolgung und Selbstbehauptung der Kirchen in der nationalsozialistischen Zeit, Berlin 1965.

12 Michael H. Kater, Die Ernsten Bibelforscher im Dritten Reich, in: Hans Rothfels und Theodor Eschenburg (Hg.), Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Institut für Zeitgeschichte (Hg.), 17. Jahrgang, 2. Heft, April, Stuttgart 1969, S. 181-218.

13 Gerhard Hetzer, Ernste Bibelforscher in Augsburg, in: Martin Broszat, Elke Fröhlich und Anton Grossmann (Hg.), Bayern in der NS-Zeit, Bd. IV, Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt, München/Wien 1981, S. 621-643.

14 Elke Imberger, Widerstand „von unten“. Widerstand und Dissens aus den Reihen der Arbeiterbewegung und der Zeugen Jehovas in Lübeck und Schleswig-Holstein 1933-1945, Neumünster 1991, S. 243-376.

15 Hubert Roser (Hg.), Widerstand als Bekenntnis. Die Zeugen Jehovas und das NS-Regime in Baden und Württemberg. Portrait des Widerstandes. Eine Schriftenreihe der Karlsruher Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten. Konstanz 1999 [ISBN 3-87940-630-8].

16 Garbe, Widerstand (s. Anmerk. 10), 1999, S. 10ff.

17 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 105/19 R, 7. Mai 2001, S. 60, Nur die Zeugen Jehovas leisteten Widerstand. Glaubensgruppen und ihre Haltung zum Nationalsozialismus. Studientag im Karmeliterkloster.

18 Hanns Lilje, Im Finstern Tal, Nürnberg 1947, S. 59.

19 Ebenda.

20 Manfred Zeidler, Das Sondergericht Freiberg. Zu Justiz und Repression in Sachsen 1933-1940, Dresden 1998, S. 49-53 [ISBN 3-931648-16-8].

21 Vgl. Hans-Hermann Dirksen, „Keine Gnade den Feinden unserer Republik.“ Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945-1990. Berlin 2001 [ISBN 3-428-10217-7]. Gerald Hacke, Zeugen Jehovas in der DDR. Verfolgung und Verhalten einer religiösen Minderheit. Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden (Hg.). Dresden 2000 [ISBN 3-931648-26-5].

22 Dauerausstellung zur Geschichte der Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR, Faltblatt, Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, Berlin-Lichtenberg 1999.

23 Von den insgesamt rund 5 000 namentlich erfaßten Verfolgungsopfern hatten 505 Zeugen Jehovas (10 %) im NS-Regime in irgend einer Form Diskriminierung oder Verfolgung erlitten; davon waren 325 Personen (6,5 %) in beiden Diktaturen in Haft. Vgl. Gabriele Yonan, Jehovas Zeugen – Opfer unter zwei deutschen Diktaturen 1933-1945, 1949-1989. Berlin und Bühl 1999 [ISBN 3-00-004151-6].

24 Gerd Weckbecker, Zwischen Freispruch und Todesstrafe. Die Rechtsprechung der nationalsozialistischen Sondergerichte Frankfurt/Main und Bromberg. Baden-Baden 1998, S. 67 [ISBN 3-7890-5145-4].

25 Zeidler, Sondergericht (s. Anmerk. 20), 1998, S. 48f., 54.

26 Hans Hesse, Das Frauen-KZ Moringen 1933-1938, Göttingen 2000 [ISBN 3-8311-0633-9].

27 Hans Hesse und Jürgen Harder (Hg.), „Und wenn ich lebenslang in einem KZ bleiben müßte.“ Die Zeuginnen Jehovas in den Frauenkonzentrationslagern Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück. Essen 2001 [ISBN 3-88474-935-8].

28 Garbe, Widerstand (s. Anmerk. 10), 1999, S. 264.

29 Vgl. Kirsten John, „Mein Vater wird gesucht …“, Häftlinge des Konzentrationslagers in Wewelsburg. Kreismuseums Wewelsburg (Hg.), Münster 1996, S. 136-159.

30 Vgl. Detlef Garbe, „Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Neuzeitliche Christenverfolgung im nationalsozialistischen Hamburg, in: Verachtet – Verfolgt – Vernichtet. Zu den ‚vergessenen‘ Opfern des NS-Regimes. Projektgruppe für die vergessenen Opfer des NS-Regimes in Hamburg e.V. (Hg.), Hamburg 1986.

31 Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime. Videodokumentation, Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Selters/Taunus 1996 (78 Min.), 1998 (28 Min.).

32 Vgl. Johannes Wrobel, Die Videodokumentation „Standhaft trotz Verfolgung“ – Propaganda oder zeitgeschichtliches Dokument?, in: Hesse, Am mutigsten (s. Anmerk. 41), S. 357ff.

33 Jehovah’s Witnesses. Victims of the Nazi Era 1933-1945. United States Holocaust Memorial Museum, Washington D.C., o.J. (1995). Vgl. http://www.jwhistory.net/english/pdf/ushmm-jwbklt.pdf.

34 Vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung, Nr. 91, 20. April 1998, S. 4, Standhaft trotz lila Häftlingswinkel. Ausstellung in Bergen-Belsen zeigt die Verfolgung der Zeugen Jehovas im Dritten Reich.

35 Lila Winkel – die „vergessenen Opfer“ des NS-Regimes. Die Geschichte eines bemerkenswerten Widerstandes. Begleitheft zur Ausstellung. Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Selters/Taunus 1999.

36 Ähnliche „Standhaft“-Ausstellungen fanden oder finden in Brasilien, Dänemark, England, Israel, Italien, Japan, Kanada, Norwegen, Österreich, Rußland, Schweden, Schweiz, Spanien und in den Vereinigte Staaten statt.

37 Vgl. Unsere Kirche, Evangelische Wochenzeitung für Westfalen und Lippe, Nr. 11, 11. Bis 17. März 2001, S. I, Ausstellung: Auch in schlimmster Verfolgung standhaft. Bilder und Dokumente erinnern an das Schicksal der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus (Artikel von Udo Waschelitz). Siehe auch den Beitrag „Standhaft trotz Verfolgung …“, in: Die Mahnung, Bund der Verfolgten des Naziregime (Hg.), Nr. 3, Berlin 1. März 2001, S. 6f.

38 Texte und Unterrichtsvorschläge zur Videodokumentation „Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime“ (28-Minuten-Version für Schulen), Selters/Taunus 1998. (Das 32seitige Begleitheft und die Mappe mit Unterrichtsvorschlägen können von Historikern und Pädagogen über die Anschrift Jehovas Zeugen, 65617 Selters angefordert werden.) [Siehe auch http://www.standfirm.de/nrw/ (Stand 2023).]

39 Vgl. die positive Beurteilung der Materialien von Jörg Berlin, in: „Bibelforscher“ im 3. Reich. „Standhaft trotz Verfolgung“. Sind die kostenlosen Unterrichtsmaterialien der „Zeugen Jehovas“ brauchbar oder gefährlich?, hlz – Zeitschrift der GEW, Hamburg 5/2001, S. 52.

40 Kreismuseum Wewelsburg, Fritz Bauer Institut, Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.), Widerstand aus christlicher Überzeugung – Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus. Dokumentation einer Tagung. Redaktion Kirsten John-Stucke, Essen 1998 [ISBN 3-88474-670-7].

41 Hans Hesse (Hg.): „Am mutigsten waren immer wieder die Zeugen Jehovas.“ Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus. Bremen 19981, 20002 (verbesserte Auflage) [3-86108-724-3]. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 249, 26. Oktober 1999, S. 20, Opfer-Randgruppe. Die Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus (Artikel von Siegfried Stadler).

42 Vgl. Die Zeit, Nr. 42, 10. Oktober 1997, S. 24, Geistiger Widerstand (Artikel von Susanne Gaschke).

43 Vgl. das Literaturverzeichnis bei Hesse, Am mutigsten (s. Anmerk. 41), 2000, S. 438-452, oder http://www.standfirm.de, http://www.jwhistory.net/aktualisiert.htm

44 Max Hollweg, Es ist unmöglich von dem zu schweigen, was ich erlebt habe. Zivilcourage im Dritten Reich, Bielefeld 19971, 19982, 20003 (erweitert) [ISBN 3-00-002694-0]. Simone Arnold Liebster, Facing the Lion, Memoirs of a Young Girl in Nazi Europe. New Orleans 2000 [ISBN 0-9679366-5-9]. Hermine Schmidt, Die gerettete Freude. Eines jungen Menschen Zeit 1925-1945. Autobiographie. Berlin 2001 [ISBN 3-9807639-0-0].

45 Michael Krenzer, Geistiger Widerstand aus christlicher Überzeugung - Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus, in: Raabits Geschichte, Impulse und Materialien für die kreative Unterrichtsgestaltung, 32. Ergänzungslieferung, Stuttgart 2000, II/H1, Reihe 4.

46 Fritz Poppenberg, Fürchtet euch nicht! Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas unter dem Nazi-Regime, Video 92 Min., Berlin 1997. Loretta Walz und Günter Hoffmann, Teil I – „Wir hatten uns nichts vorzuwerfen.“ Die Verfolgung der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus, Video 33 Min, Teil II –„Bei uns werdet ihr nichts zu lachen haben …“ Die Verfolgung der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus und in der DDR, Video 36 Min., Berlin 2000. Bernhard Rammerstorfer (Buch, Regie und Produktion), Nein statt Ja und Amen. Leopold Engleitner: Er ging einen anderen Weg, Video 61 Min., Niederwaldkirchen (Österreich) 1999.

47 Hans Hesse (Hg.), Persecution and Resistance of Jehovah’s Witnesses During the Nazi Regime 1933-1945. Bremen 2001 [ISBN 3-86108-750-2].

48 Vgl. G. E. Schafft und Gerhard Zeidler, Die KZ-Mahn- und Gedenkstätten in Deutschland, Berlin 1996, S. 314, wo der violette Winkel der Bibelforscher erwähnt, ansonsten aber die Häftlingsgruppe bis auf einige Ausnahmen ignoriert wird.

49 Sigrid Jacobeit und Elisabeth Brümann-Güdther (Hg.), Ravensbrückerinnen. Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Nr. 4, Brandenburg 1995, S. 60-63 [ISBN 3-89468-163-2].

50 Erhard Klein, Jehovas Zeugen im KZ Dachau. Geschichtliche Hintergründe und Erlebnisberichte, Bielefeld 2001, S. 182ff. [ISBN 3-00-007407-4].

51 Siehe http://www.obersalzberg.de/cms_d/content/de_ausstellung_widerstand/gruppen_13.html [Weblink nicht mehr aktuell; Screenshot vorhanden (Stand 2023)]

52 Vgl. Berliner Zeitung, 28. Januar 1998, Frühausgabe, S. 30, Hunderte gedachten der Nazi-Opfer in Sachsenhausen. Feier erinnerte besonders an die Zeugen Jehovas.

53 Das Goldene Zeitalter (später Trost, heute Erwachet!), Bern, 1. Juni 1934, S. 3-15, Verfolgungen in Deutschland. The Golden Age (später Consolation, heute Awake!), Brooklyn N.Y., 25. April 1934, S. 451-463, Persecution in Germany. Franz Zürcher (Hg.), Kreuzzug gegen das Christentum. Moderne Christenverfolgung. Trost, Bern 15. Februar 1938, S. 1, Der Schrei aus dem Konzentrationslager!, S. 12f. Eine Dokumentensammlung, Zürich 1938. Hubert Roser (Hg.), Vergessene Opfer. Die Zeugen Jehovas, der Nationalsozialismus und die Schweiz. Appenzell 2001 [ISBN 3-85882-316-3].

54 Zum „Geschichtsarchiv“, siehe Referat von Johannes Wrobel, 55. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge aus den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Ravensbrück und aus dem Zuchthaus Brandenburg 14. bis 16. April 2000, 27. April 2000. Eine Dokumentation. Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Oranienburg 2000. S. 57-59. Johannes Wrobel, How the Watchtower History Archive in Germany Benefits Holocaust Research, in: Shadow of the Holocaust. Second International Symposium „Lessons of the Holocaust and Contemporary Russia“, Moscow May 4-7, 1997 (The Russian Holocaust Library), Moskau 1998, S. 285-288 [ISBN 5-89897-001-0]. Die Manuskripte der Referate werden online über http://www.lilawinkel.de/talks.htm zu finden sein, sofern die Seite realisiert werden kann (Stand 2023).

55 Vgl. http://www.standhaft.org. [die private Homepage wurde eingestellt]

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